Krampfadern: Antworten auf die häufigsten Fragen

16.04.2019, BKH Schwaz

Gefäßexperte Dr. Rüdiger Seiler beantwortet die häufigsten Fragen zu Krampfadern.

Varizen – auch als Krampfadern bekannt – sind die häufigsten Gefäßerkrankungen überhaupt. Sie reichen von kosmetischen Störfaktoren bis hin zu ausgeprägten Krankheitsbildern, die ein großes gesundheitliches Risiko darstellen können. OA Dr. Rüdiger Seiler leitet den Gefäßschwerpunkt am Bezirkskrankenhaus Schwaz. Im Ambulanzalltag stellt Dr. Seiler Diagnosen, klärt über den Krankheitsverlauf auf und beantwortet die Fragen seiner Patientinnen und Patienten. 

Im Frühjahr 2019 hat er im Rahmen der Vortragsreihe „Treffpunkt gsund“ zu Varizen informiert und viele Fragen beantwortet. Gefäßexperte Seiler hat die am häufigsten gestellten Fragen für unseren Blog zusammengefasst.

WAS SIND EIGENTLICH KRAMPFADERN?

Dr. Seiler: Wenn Venen sich dehnen und die Venenklappen nicht mehr richtig schließen, dann verändern sich Venen sackartig oder bilden eine Art Knoten oder Knäuel. Diese sind meist gut sichtbar und vor allem gut tastbar. Das passiert, wenn Venenklappen nicht mehr richtig funktionieren und der Blutfluss gestört und gestaut wird. Meistens sind davon die unteren Extremitäten, also Ober- und Unterschenkel, betroffen. Dabei können gewebsschädigende Substanzen aus dem Gefäß gepresst werden, die zuerst zu einer Verfärbung und anschließend zur Schädigung der Haut und des Gewebes führen können, was in der Fachsprache dann Ulcus genannt wird. Mit Krämpfen, wie die umgangssprachliche Bezeichnung „Krampfadern“ vermuten lassen würde, hat die Erkrankung nichts zu tun. Diese Bezeichnung ist in der Sprachentwicklung aus dem althochdeutschen Wort „Krummadern“ entstanden.

WAS SIND TYPISCHE BESCHWERDEN?

Dr. Seiler: Typische Anzeichen sind zum Beispiel ein Schweregefühl in den Beinen oder abendliche Schmerzen in den unteren Extremitäten. Manchmal entstehen Schwellungen, Patienten klagen auch über Juckreiz, lokalen Druckschmerz oder nächtliche Wadenkrämpfe. Und dann gibt es natürlich die optischen Veränderungen, das typische Bild der sichtbaren Krampfadern, Hautveränderungen oder sogar offene Hautstellen wie beim offenen Bein, auch Ulcus cruris genannt. Bei diesen Symptomen empfehle ich unbedingt eine medizinische Abklärung.

WIE HÄUFIG SIND KRAMPFADERN?

Dr. Seiler: Sehr häufig, ich kann das vielleicht mit Zahlen veranschaulichen: 34% der Frauen und 28% der Männer leiden an einer behandlungsbedürftigen Varikose. Also keinen „Schönheitsfehlern“, sondern einer fortgeschrittenen Erkrankung mit Therapiebedarf, um gesundheitliche Schäden zu vermeiden.

HANDELT ES SICH UM EINE REINE WOHLSTANDSERKRANKUNG?

Dr. Seiler: Das kann man wohl so nicht sagen, bereits etwa 400 v. Chr. hat Hippokrates das Krankheitsbild dokumentiert. Allerdings begünstigt unser moderner Lebensstil diese Venenerkrankung – viele sitzende und stehende Tätigkeiten, Bewegungsmangel und auch Übergewicht tragen zur Venenschädigung bei.

WARUM BEKOMMT MAN KRAMPFADERN – SIND DIE GENE SCHULD?

Dr. Seiler: Zu den Risikofaktoren für Varizen zählt auch eine genetische Komponente, aber nicht nur. Es gibt familiäre Häufungen, außerdem steigt das Risiko mit dem höheren Lebensalter, Schwangerschaften und Übergewicht. Ursachen sind oft in Grunderkrankungen wie Gelenksarthrosen, Gefäßerkrankungen wie pAVK, also der so genannten „Schaufensterkrankheit“, sowie Muskel- oder Nervenerkrankungen zu finden. Insgesamt sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Die Einnahme der Pille spielt in Bezug auf Varikositas allerdings keine Rolle.

WIE HÄNGEN SCHWANGERSCHAFT UND DIE ENTSTEHUNG VON KRAMPFADERN ZUSAMMEN?

Dr. Seiler: Das liegt einerseits an den hormonellen Verschiebungen während der Schwangerschaft, aber auch an der Kompression durch die Gebärmutter und der Gewichtszunahme. In diesem Zusammenhang gibt es für die Venengesundheit in der Schwangerschaft ein paar Empfehlungen, z.B. Kompressionstherapie – also Stützstrümpfe – oder auch venenschonendes Verhalten wie zum Beispiel das Hochlagern der Beine, die Empfehlung zum Liegen und Gehen an statt zu sitzen und zu stehen. Auch die Ernährung bzw. das Gewicht gilt es im Falle einer Venenveränderung im Auge zu behalten.

KÖNNEN SICH VARIZEN VON ALLEINE ZURÜCKBILDEN?

Dr. Seiler: Teilweise. Zum Beispiel bilden sich zwei Drittel der Varizen, die im Rahmen einer Schwangerschaft entstehen auch von selber wieder zurück. Wir sehen auch, dass sich bei adipösen Patienten das Beschwerdebild verbessert, wenn das Körpergewicht reduziert wird. Aber degenerativ veränderte Venen, die in ihrer Struktur geschädigt sind, können sich nicht regenerieren.

KANN MAN KRAMPFADERN VORBEUGEN?

Dr. Seiler: Bis zu einem gewissen Grad durchaus. Nochmal der Grundsatz: Gehen und Liegen ist besser als Sitzen und Stehen. Gymnastik, die die Muskelpumpe aktiviert, wirkt präventiv und besonders geeignete Sportarten zur Prophylaxe sind Walken, Wandern und Schwimmen.

WIE WERDEN KRAMPFADERN BEHANDELT?

Dr. Seiler: In der Behandlung unterscheiden wir die konservative von der invasiven Therapie. Konservative Maßnahmen umfassen einerseits den Lebensstil, also Gewicht, Gymnastik und Bewegung, andererseits gibt es auch Medikamente oder auch Kompressionstherapie, also Strümpfe. Hier empfehle ich die Klasse II. Die invasive Therapie, also die chirurgischen Verfahren, werden je nach Art und Ausprägung der Varizen individuell empfohlen. Eine Möglichkeit sind klassische OP-Methoden wie die „Stripping OP“, bei speziellen Indikationen kommen aber auch Laserobliterationen und endoskopische Verfahren zum Einsatz. In manchen Fällen ist auch eine Schaumsklerosierung möglich. Diese wird mittels Ultraschall gezielt und ohne Narkose durchgeführt, weshalb diese Technik besonders für ältere und durch Mehrfacherkrankungen betroffene Patienten geeignet ist, denen eine Operation mit Allgemeinnarkose nicht mehr zugemutet werden kann. Oft sind mehrere Behandlungen erforderlich, um die venöse Abflussstörung zu beheben. Je nach Therapie kann die Behandlung im BKH Schwaz übrigens inzwischen auch tagesklinisch durchgeführt werden.

KÖNNEN KRAMPFADERN WIEDER KOMMEN?

Dr. Seiler: Hier muss ich leider sagen: JA. Es gibt wenig aussagekräftige Zahlen zu dieser Frage, aber je nach Form, Ausprägung und Behandlungsart liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient nach einer Operation innerhalb von fünf Jahren eine weitere Therapie braucht, zwischen 17 und 38 Prozent. Wir können natürlich auch immer nur vorhandene Varizen behandeln. Wenn man zu Krampfadern neigt können sich aber wieder an anderen Schwachstellen neue Krampfadern ausbilden.

Links

Gefäßschwerpunk am BKH Schwaz 
www.gesundheit.gv.at

Experte:

OA Mag. Dr. Rüdiger Seiler

OA Mag. Dr. Rüdiger Seiler

Leiter der Gefäßambulanz 
FA für Allgemeinchirurgie, Viszeralchirurgie und Gefäßchirurgie

 

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